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Weihnachten gut überstehen – ein Leitfaden für autistische Erwachsene und Eltern autistischer Kinder

23. November 2024

Von Dr. Michelle Garnett und Professor Tony Attwood – Übersetzung: Sigrid Andersen


Viele Menschen auf der ganzen Welt freuen sich schon auf Weihnachten. Darauf, die Familie wiederzusehen, auf die Festtage, auf die religiösen Feierlichkeiten und auf ein gemütliches Beisammensein mit der Familie und ihren Liebsten. Für autistische Menschen aber kann Weihnachten der soziale und sensorische Horror schlechthin sein. Vor Weihnachten beginnen bereits die Erwartungen in Bezug auf Treffen mit anderen zu steigen. Vielleicht erwarten Familienmitglieder, dass man an bestimmten Feierlichkeiten teilnimmt. Manche erwarten sogar, dass die autistische Person von diesen Feierlichkeiten auch noch begeistert ist und sie genießt. Es wird erwartet, dass man bestimmte Gerichte isst und bestimmte sensorische Erfahrungen wie blinkende Weihnachtsbeleuchtung und mit Inbrunst (aber falsch) gesungene Weihnachtslieder toll findet. Es wird erwartet, dass man für Geschenke dankbar ist, Ausdrucksformen der Zuneigung zulässt und diese selbst auch zeigt.

Für autistische Kinder und Erwachsene können diese Erlebnisse äußerst belastend sein, ermüden und Angst machen. Manchmal schafft es die autistische Person sogar, an diesen Veranstaltungen teilzunehmen und alles zu tun, was erwartet wird, muss sich danach aber tage- und vielleicht sogar wochenlang davon erholen. Sowohl Kinder als auch Erwachsene können darüber wütend sein, was sie alles tun müssen oder mussten, um den Erwartungen der Familienmitglieder gerecht zu werden. In diesem Blogbeitrag erklären wir, warum diese Erlebnisse für autistische Menschen so anstrengend sind und so großen Stress auslösen. Zusätzlich liefern wir wichtige Vorschläge, die autistischen Menschen helfen können, gut durch Weihnachten zu kommen.

Obwohl dieser Blogbeitrag hauptsächlich für autistische Erwachsene geschrieben wurde, können auch Eltern autistischer Kinder sie gut nutzen.

Was ist Autismus und warum kann Weihnachten für autistische Menschen eine Belastung sein?

Autismus bezeichnet neurologische Unterschiede, durch die autistische Personen anders als nicht-autistische Personen denken, fühlen, wahrnehmen, verarbeiten, lernen und mitfühlen sowie sich anders bewegen. Autistische Menschen finden häufig etwas in ihrem Leben, das ihnen mehr Spaß macht als Begegnungen mit anderen Menschen. Das heißt aber nicht, dass sie nicht auch Begegnungen mit anderen Menschen genießen. Autistische Personen können genauso introvertiert oder extrovertiert sein, und sogar introvertierte autistische Menschen treffen gerne andere Menschen. Autistische Menschen brauchen für die Begegnung mit anderen Menschen aber viel mehr intellektuelle Energie, was natürlich anstrengend ist. Ein bildlicher Vergleich wäre vielleicht, dass nicht-autistische Personen eine Sozialkapazität von ungefähr einem Eimer haben, bei manchen ist sie sogar so groß wie ein ganzer Brunnen. Autistische Menschen hingegen berichten eher von einer Sozialkapazität in der Größe einer Teetasse oder sogar eines Fingerhuts.

Durch die unterschiedliche Sensorik können Sinneswahrnehmung wie bestimmte Lichtquellen, Geräusche, Gerüche oder haptische Erfahrungen wie Umarmungen völlig überfordern und sogar Schmerzen verursachen. Viele autistische Menschen können beispielsweise durch einen Geräuschpegel, der für andere Menschen gut tolerierbar ist, extrem gestresst sein. Auf Partys, bei denen viele Menschen gleichzeitig sprechen und lachen, haben nicht-autistische Menschen häufig Spaß. Für autistische Menschen aber können diese Geräusche Schmerzen bedeuten, auf die ihr Körper mit Kampf, Flucht oder Erstarren reagiert, da ihr autonomes Nervensystem überreizt ist. Die Eindrücke sind vielleicht so überwältigend, dass die Person die Situation fluchtartig verlassen muss. Belastende sensorische Erfahrungen, die Stress oder Schmerzen auslösen, können außerdem Angst machen. All das ist für autistische Personen extrem anstrengend.

Wie wir Weihnachten gut überstehen

1. Sozialkapazität kennen
Die eigene Sozialkapazität kann von der Tagesform abhängen. Es muss außerdem berücksichtigt werden, wie viele Menschen kommen, wie lange das Fest dauert und welche Aktivitäten geplant sind. Das für autistische Menschen perfekte Fest ist meist ein Fest mit nur einer geliebten Person und Aktivitäten, die beide genießen. Unter solchen Umständen kann das Fest neue Energie geben, statt Energie zu rauben, wodurch die autistische Person vielleicht auch länger bleiben kann. Wir empfehlen daher, dass Sie vor jedem Fest, zu dem Sie eingeladen sind (und bei dem man erwartet, dass Sie erscheinen) Ihre Sozialkapazität berücksichtigen und dementsprechend Pläne machen. Wenn Sie beispielsweise wissen, dass Sie drei Tage brauchen, um sich von einer Party mit Fremden, auf der Sie 3 Stunden bleiben, zu erholen, können Sie planen, nur 1 Stunde zu bleiben und eine Erklärung vorbereiten, warum Sie schon so früh gehen.

2. Eigene Sensorik verstehen und berücksichtigen
Vielleicht wissen Sie bereits, welche Sinnesreize Stress, Schmerzen, Angst oder Unbehagen verursachen. Falls nicht und Sie haben aber den Verdacht, dass es da einige gibt, können Sie darauf achten, welche Sinnesreize in Situationen vorkommen, in denen Sie sich überfordert, unwohl, ängstlich oder gestresst fühlen (Anmerkung Sigrid Andersen: Oder Sie füllen den kostenlosen Fragebogen zur Sensorik aus, den ich unter Tools auf dieser Website zur Verfügung stelle.) Sind einige Geräusche besonders unangenehm? Ist es Ihnen zu heiß? Gibt es Gerüche oder Lichtquellen, die Sie nur schwer aushalten?

Wenn Sie erst einmal Ihre sensorische Hypersensibilität kennen, können Sie die Festlichkeiten zu Weihnachten so planen, dass Sie so wenigen dieser Sinnesreize wie möglich ausgesetzt sind. Natürlich ist es nicht angebracht, die Gastgebenden einer Party zu fragen, ob alle Eingeladenen denn nicht bitte leise sprechen könnten oder dass die Musik nur leise spielt, aber Sie können auf der Party Ecken finden, in denen es ruhiger ist und ihre eigenen Erwartungen dahingehend, wie lange sie in dieser lauten Umgebung bleiben können, entsprechend anpassen.
Vielleicht hilft es Ihnen auch, Hilfsmittel oder Stimming-Spielzeug mitzunehmen, die Ihnen helfen, mit sensorischer Überlastung umzugehen. Sie könnten beispielsweise bei grellen Lichtquellen auf der Party eine Sonnenbrille tragen, Pfefferminzöl auf die Hände reiben und daran riechen, um besonders unangenehme Gerüche zu überblenden, Feuchttücher mitbringen, um sich zwischendurch im Nacken und Gesicht abzukühlen, wenn es Ihnen zu heiß wird, Ohrstöpsel in lauter Umgebung tragen, oder Bonbons lutschen oder zerbeißen, um unangenehme Sinnesreize auszublenden.

3. Planen und Prioritäten setzen
Machen Sie eine Liste mit allen Menschen, die Ihnen wichtig sind im Leben und entscheiden Sie sich dann, welche Sie unbedingt heuer zu Weihnachten sehen möchten. Alle anderen können Sie eventuell im Januar, Februar oder März besuchen oder einladen.

4. Bleiben Sie Ihren Routineabläufen treu
Vielen Menschen helfen Routineabläufe, die sie sich für einen leichteren Alltag zurechtgelegt haben. Besonders autistischen Menschen. Was an Weihnachten ebenfalls Stress verursachen kann, sind zusätzliche Begebenheiten und Veränderungen, die hilfreiche Routineabläufe stören und so Angst machen.

Behalten Sie Routineabläufe und Rituale, die Sie körperlich und psychisch entlasten, sodass Sie mit Stress und Angst besser umgehen können, so weit wie möglich bei. Das betrifft vielleicht auch Ihre Schlaf-, Ess- und Bewegungsgewohnheiten. Sorgen Sie dafür, dass Sie beispielsweise wie immer 10 Minuten zu Beginn des Tages in Ruhe Ihren Tee trinken können, während Sie durchs Fenster den Himmel und die Wolken betrachten. Fahren Sie immer dieselben Routen, um an Orte zu gelangen. Routineabläufe zu ändern, während es in der Weihnachtszeit ohnehin schon chaotisch wird, ist nicht zu empfehlen.

Manchmal ist auch Weihnachtsdekor für autistische Kinder extrem belastend, da der Raum plötzlich anders aussieht. In einem solchen Fall kann es helfen, nur einen oder zwei Räume zu schmücken, und zwar nach und nach: also beispielsweise an einem Tag den Baum aufstellen, am zweiten Tag die Lichterkette anbringen, am dritten Tag die Deko usw.

5. Achten Sie gut auf sich
Pflegen Sie Ihren Körper und bewegen Sie sich ausreichend. Sorgen Sie dafür, dass Sie gut und ausreichend schlafen. Wenn Ihr Körper gut gepflegt ist und gutes Essen erhalten hat, gut ausgeruht und fit ist, funktioniert er besser. Sie können besser Entscheidungen treffen und haben mehr Energie, um mit zusätzlichem Stress und Sinnesreizen umzugehen. Autismus bedeutet auch, dass Sie neurologisch gesehen anders funktionieren. Besonders Ihr präfrontaler Kortex arbeitet anders, aber nicht falsch! Indem Sie gut auf Ihren Körper achten, tun Sie auch Ihrem präfrontalen Kortex etwas Gutes. Ihr präfrontaler Kortex ist hauptsächlich für Ihre Exekutivfunktionen, die Regulierung Ihrer Gefühle und die Verarbeitung von Sinnesreizen zuständig. Indem Sie gut auf Ihren präfrontalen Kortex achten, werden vielleicht die Herausforderungen, die Sie durch Ihren Autismus erleben, leichter.

Autistische Menschen haben häufig Schlafstörungen. Mehr über Schlafstörungen bei Autismus werden wir noch in einem eigenen Blogbeitrag erörtern.
Auch Bewegung ist eine sehr gute Strategie, um mit Autismus besser umgehen zu können. Auch dazu werden wir noch einen eigenen Blogbeitrag herausgeben.

6. Nehmen Sie sich Zeit für Dinge, die Ihnen Energie geben
Da Begegnungen mit anderen Menschen häufig Energie rauben, sollten Sie gezielt darauf achten, Dinge zu tun, die Ihnen wieder Energie geben. Machen Sie eine Liste mit Dingen, die Sie entspannen, Ihnen Energie geben, Ihnen Freude und Spaß machen. Vielleicht schlafen Sie gerne lange, schauen gerne Serien auf Netflix oder Dokumentarfilme, lesen gerne, arbeiten gerne im Garten, beschäftigen sich gerne mit Ihrem Haustier, putzen oder kochen gerne. Geben Sie jeder Aktivität eine Punktzahl zwischen 0 und 100, wobei 100 bedeutet, dass diese Aktivität Ihnen am meisten Energie gibt. Schreiben Sie diese Punktzahlen auf. Schauen Sie dann in Ihren Terminplaner oder Ihre Kalender-App am Handy und geben Sie alle Aktivitäten ein, die auf Ihrer Prioritätenliste stehen und die Sie erledigen müssen. Dazu zählen auch soziale Aktivitäten. Geben Sie jetzt jeder Aktivität, die Sie erledigen müssen, eine Zahl von –100 bis 0, wobei –100 bedeutet, dass diese Aktivität am meisten Energie verbraucht. Schreiben Sie diese Punktzahlen ebenfalls in Rot auf. Planen Sie nun gezielt Aktivitäten, die Ihnen Energie geben, ein. Zählen Sie dann alle Zahlen zusammen, die im Minus- und die im Plusbereich. Schaffen Sie es über null?
Nun kommt das Schwierigste: Vergewissern Sie sich, dass Sie am Ende jeden Tages über null ankommen, also noch Energie haben (Anmerkung Sigrid Andersen: Eine App zum Energiehaushalt in genau diesem Stil ist in Planung). Nur Sie wissen, wie Sie das schaffen können. Machen Sie alle notwendigen Änderungen in Ihrem Kalender und folgen Sie dem Zeitplan, um so Erschöpfung und ein mögliches autistisches Burnout zu vermeiden.

Diese oben beschriebene Strategie wurde von Maja Toudal aus Dänemark entwickelt und wird Energiebilanz genannt. Mehr über diese Strategie und weitere Aktivitäten, die Energie geben können, finden Sie in unserem Buch Exploring Depression.


7. Reden Sie darüber
Sobald Sie Ihre Sozialkapazität ermittelt und alle Termine und Aktivitäten in Ihren Terminkalender für die Weihnachtszeit eingetragen haben, indem Sie wie oben beschrieben die Energiebilanz verwenden, müssen Sie wahrscheinlich einigen Menschen mitteilen, dass Sie sie dieses Jahr an Weihnachten nicht oder kürzer als erwartet treffen werden. Falls diese Menschen selbst nicht autistisch sind oder Autismus nicht verstehen, ist es für sie vielleicht schwierig, Ihre Pläne zu akzeptieren.

Wir empfehlen daher, vorab bereits eine Erklärung zu üben, damit Ihr Anliegen ernst genommen und respektvoll aufgenommen wird. Natürlich wäre es schön, wenn das gar nicht notwendig wäre. Meistens aber ist es für unsere Gesellschaft leider immer noch schwer, Autismus zu verstehen. Indem wir darauf gefasst sind, dass manche Menschen etwas Zeit brauchen, um alles zu verstehen, können wir auch ihre Ansichten anerkennen und respektieren. Diese Vorgehensweise hat auch den Vorteil, dass Ihr Gegenüber ebenfalls häufig Verständnis und Respekt zeigt. So kommt es zu weniger Spannungen zwischen Ihnen und Ihren Mitmenschen und daher auch zu weniger Belastungen bei sozialen Interaktionen.

Auch Eltern autistischer Kinder profitieren von vorab eingeübten Scripts für Gespräche. Sie können so besser dafür einstehen, dass sie plötzlich – zum Wohle Ihres Kindes – Familientraditionen brechen möchten.

Wir empfehlen Ihnen, die folgende Strategie zu benutzen, um Ihre Liebsten über Ihre Pläne zu informieren:

1. Entwerfen und üben Sie ein Script, einen Text, den Sie mitteilen möchten. Diese Drei-Schritte-Struktur ist unserer Meinung nach dafür empfehlenswert:

a. Annehmen und verstehen
Beispielsweise: „Mama, ich verstehe gut, dass Weihnachten für dich wirklich wichtig ist, weil da die ganze Familie zusammenkommt und du uns so gerne alle gemeinsam siehst.“

b. Ihre Gefühle mitteilen.
Beispielsweise: „Wenn die ganze Familie beisammen ist, bin ich einfach überfordert. Die vielen Menschen und der Lärm stressen mich wirklich sehr. Ich brauche danach immer sehr viel Zeit, um mich wieder zu erholen.“

c. Bitten Sie um Dinge, die Sie brauchen.
Beispielsweise: „Ich hoffe, du verstehst daher, dass ich heuer nicht zur großen Weihnachtsfeier kommen werden. Aber ich möchte dich gerne alleine treffen. Wäre es möglich, dass wir zwei uns an einem anderen Tag treffen? Die gemeinsame Zeit mit dir wäre mir wirklich wichtig.“

2. Überlegen Sie dann, wie Sie diesen Text präsentieren.

a. Falls Sie Ihr Anliegen persönlich vortragen: Üben Sie Körpersprache, Tonfall, Sprechlautstärke und Sprechgeschwindigkeit. Ihre Körperhaltung sollte offen sein. Das bedeutet, dass Ihre Schultern zurückgezogen sind, Sie den Kopf gerade halten und auf Augenbrauen oder Wangen Ihres Gegenübers schauen. Lehnen Sie sich leicht nach vorne und drücken Sie Ihre Zehen sanft gegen den Boden, um mit Ihren Füßen Halt zu spüren, während Sie sprechen. Ihre Stimme sollte bestimmt, aber wohlwollend und freundlich klingen. Sie sollten üben, nicht zu laut und nicht zu leise zu sprechen. Vielleicht möchten Sie das Gespräch am Ende einer Begegnung führen, sodass Sie sich anschließend rasch zurückziehen können und nicht in lange Diskussionen über Ihre Entscheidung verwickelt werden.


b. Auf digitalem Wege: Formulieren Sie den Text klar, prägnant, freundlich und bestimmt. Ausschweifende Erklärungen sollten Sie vermeiden und sich an Ihr Script halten. Seien Sie auf traurige oder wütende Antworten gefasst und halten Sie dennoch an Ihrer Entscheidung fest.


3. Üben Sie das Script.

Wenn Sie Ihr Anliegen in einem persönlichen Gespräch mitteilen, empfehlen wir Ihnen, es drei oder vier Mal zu üben, um es gut und selbstsicher vortragen zu können. Üben Sie vielleicht mit einer befreundeten Person oder Ihrer Beziehungsperson. Indem Sie üben, verbessern sich Ihre Chancen, gehört und verstanden zu werden.
Natürlich können Sie den Text auch digital versenden. Vielleicht bitten Sie vorher eine befreundete Person oder Ihre Beziehungsperson darum, ihn vorab durchzulesen. Sie kann Ihnen Rückmeldung geben, ob der Text aufrichtig, gleichzeitig aber auch freundlich und respektvoll ist.

8. Nutzen Sie Strategien, um Ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen
Ganz egal, ob Sie selbst als erwachsene Person oder Ihr Kind betroffen ist – sobald Sie einen Plan erstellt und Ihre Grenzen gegenüber Ihren Liebsten und befreundeten Personen kommuniziert haben, stellt sich vielleicht ein schlechtes Gewissen ein. Vielleicht fühlen Sie sich aufgrund der Antworten schlecht. Vielleicht haben Sie sich auch jahrelang an die Wünsche und Bedürfnisse der anderen angepasst und einfach getan, was an Weihnachten von Ihrer Familie und befreundeten Personen erwartet wurde. Wir empfehlen Ihnen, diesem schlechten Gewissen Raum zu geben. Es hat seine Berechtigung und bedeutet lediglich, dass Ihnen die anderen Personen wichtig sind. Erinnern Sie sich selbst daran, dass Sie freundlich und respektvoll waren und die Gefühle der anderen Personen nichts mit Ihnen zu tun haben. Andere Personen sind selbst für ihre Gefühle verantwortlich. Sie müssen also für die Gefühle anderer keine Verantwortung übernehmen. Erinnern Sie sich selbst an die Gründe, warum Sie sich für diese Strategie entschieden haben. Es ist wichtig, auf Ihre eigene Energie zu achten, um Ihre körperliche und psychische Gesundheit nicht zu gefährden. Erinnern Sie sich selbst daran, dass manche Menschen Zeit brauchen, um zu verstehen, wie es Ihnen in dieser Welt ergeht und was Sie ausmacht. Viele verstehen es nach einiger Zeit. Falls dies aus welchen Gründen auch immer nicht der Fall ist, tragen Sie dafür keine Verantwortung. In diesem Fall kann es Ihnen helfen, mehr Zeit mit Menschen zu verbringen, die Sie verstehen.

9. Seien Sie freundlich zu sich selbst
Autismus bringt sowohl Gaben als auch Herausforderungen mit sich. Die Herausforderungen liegen meist im sozialen und sensorischen Bereich, was an Weihnachten wirklich ein Albtraum sein kann. Diese Herausforderungen sind tatsächlich da, und sie sind gefährlich, denn sie können Ihre körperliche und psychische Gesundheit beeinträchtigen, wenn Sie nicht angemessen mit ihnen umgehen. Wir empfehlen Ihnen daher dringend, in der Weihnachtszeit besonders gut auf sich selbst zu achten. Nehmen Sie sich im Laufe des Tages regelmäßig Zeit für sich selbst. Besonders dann, wenn es ihnen psychisch nicht gut geht und Sie sich beispielsweise überfordert, gestresst, ängstlich, panisch, schuldig oder depressiv fühlen oder wenn Sie sich selbst gerade nicht besonders mögen oder sich schämen. Sprechen Sie mit Ihrer inneren Stimme mit sich selbst. Sprechen Sie sanft und ermutigend mit sich selbst. So, als würden Sie mit einem ängstlichen kleinen Kind sprechen:

Jetzt geht es dir gerade nicht gut, mein Schatz.
Es geht uns allen manchmal nicht gut.
Es ist okay, sich nicht gut zu fühlen.
Ich bin da für dich, jetzt und immer.
Ich passe auf dich auf.
Halte inne und spüre, was gerade passiert.
Etwas ist nicht okay.
Aber du bist okay.
Du fühlst dich gerade <Gefühl benennen, wenn möglich, oder einfach „schlecht“>.
Das ist völlig in Ordnung.
Es geht vorüber.
Alle Gefühle gehen vorüber.

Tipps und Denkanstöße, um Weihnachten als autistische Person gut zu überstehen

Hier einige der Strategien, mit denen Sie als autistische erwachsene Person oder als Elternteil eines autistischen Kindes Weihnachten gut überstehen können:

1. Sozialkapazität kennen.
2. Eigene Sensorik verstehen und berücksichtigen.
3. Planen und Prioritäten setzen.
4. Bleiben Sie Ihren Routineabläufen treu.
5. Achten Sie gut auf sich.
6. Nehmen Sie sich Zeit für Dinge, die Ihnen Energie geben.
7. Reden Sie darüber
8. Nutzen Sie Strategien, um Ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen.
9. Seien Sie freundlich zu sich selbst.

Weihnachten kann viele autistische Kinder und Erwachsene völlig überfordern. Indem wir verstehen, warum wir verschiedene Herausforderungen erleben, können wir einen Plan für ein besseres Überstehen dieser Zeit entwickeln. Zu den wichtigsten Herausforderungen zählen die Herausforderungen im sozialen und sensorischen Bereich an Weihnachten. Das betrifft auch die Erwartungen anderer Menschen, die Erwartungen der Familie, die Erwartungen befreundeter Personen und die Erwartungen Ihrer Liebsten. In diesem Blogbeitrag beschreiben wir, wie Sie Weihnachten gut überstehen können, wenn Sie Ihre Sozialkapazität und ihr sensorisches Profil kennen, wie Sie die Erwartungen anderer auf freundliche Art ändern, mit Ihrem schlechten Gewissen umgehen und sich selbst gut und liebevoll behandeln können.

Durch unsere insgesamt 80-jährige klinische Erfahrung und Forschung zum Thema Autismus wissen wir, dass die besten Maßnahmen aufgrund von Wissen und Haltung entstehen. Wissen zum Thema Autismus in all seinen Aspekten, und eine Haltung, die Autismus respektiert, akzeptiert und feiert.

Quelle:

Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Tony Attwood und Dr. Michelle Garnett: https://attwoodandgarnettevents.com/category/attwood-and-garnett-blog/

 

 

 

 
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